Strohhaus

Teilabbruch und Wiederaufbau eines Wohnhauses mit Stroh als verwendetes Baumaterial in Rabland.

Ein bestehendes Fertigteilhaus aus dem Jahr 1976 war am Ende seiner Lebenszeit angelangt. Eine umfassende Sanierung war nicht mehr sinnvoll machbar. Daher hat man sich zu einem Abbruch des Leichtbaus und Erhaltung des massiven Kellergeschosses entschieden.
Ein neuer, zweistöckiger Bau wurde auf das bestehende Kellergeschoss gesetzt. Als Bauweise wurden Strohballen in Kombination mit Holz gewählt. Die 1,20m dicken Außenwände aus Stroh, Holz und Putz aus Trasskalk und Lehm sorgen für eine ausgezeichnete Wärmedämmung, eine hervorragende Wärmespeicherung, eine tolle Raumakustik und für ein rundum angenehmes Raumklima.

Von der Materialherstellung, über den Rohbau bis hin zu einem möglichen Umbau oder Abbruch sollten keine Schadstoffe, Giftstoffe und Sonderabfälle produziert werden. Die für den Neubau verwendeten Materialien sollten zukünftig problemlos in die natürlichen Kreisläufe rückgeführt werden können. Schließlich sollte auch das Bewohnen des Neubaus mit sehr wenig Energie- und Heizaufwand möglich sein.

Die Wahl fiel auf Stroh, denn Stroh ist ein hervorragender, seit Jahrhunderten genutzter Baustoff, der in den Bereichen Brandschutz, Feuchtigkeit, Schädlingsbefall, Akustik, Wärmedämmung und Umweltverträglichkeit ausgezeichnet abschneidet und daher optimal zum Bauen geeignet ist.

Für die Außenmauern des neuen Hauses wurden Großballen aus Stroh (2,5 m lang, 1,20 m breit und 0,70 m hoch, 300kg schwer) verwendet. Wie Legosteine wurden diese Strohballen aufeinandergestapelt sowie innen und außen mit Trasskalk und Lehm verputzt. Die Zwischendecke besteht aus Massivholz. Der Bodenbelag wurde im Erdgeschoss als Sichtestrich ausgeführt und im Obergeschoss wurde ein Massivholzboden aus Weißtanne verlegt.

Für das Dach wurden Holzsparren mit dazwischenliegender Strohdämmung verbaut und mit Ziegeln eingedeckt. Eine ca. 5cm starke Schicht aus einer Stroh-Kalk Mischung wurde als zusätzlicher Hitzeschutz und zur Verbesserung der Brandeigenschaften direkt auf die Strohballen, welche zwischen den Dachsparren verbaut wurden aufgebracht.

Es wurden bewusst Großballen verwendet wurden, da die gewünschte Wohnfläche trotzdem erreicht werden konnte. Die Großballen übernehmen einen Teil der Gebäudelasten, dämmen und speichern hervorragend und der Rohbau kann sehr schnell errichtet werden. Meist werden jedoch aus Platzgründen nicht Großballen sondern Kleinballen für Strohbauten verwendet, welche üblicherweise in einem Holzrahmen eingebaut werden und inklusive Putz eine herkömmliche Wanddicke (von ca. 45 cm) erreichen. Bereits mit diesen Wandaufbauten können die vorgegebenen Werte für Klimahaus A spielend erreicht werden.

Die Südfassade des Wohnhaues ist komplett verglast und garantiert einen hohen solaren Wärmeeintrag. Da die Strohwände und -decken, zusätzlich für ausgezeichnete Dämmung sorgen, kann so im Winter auf die Heizung nahezu verzichtet werden. Für anhaltend schlechte Wetterbedingungen wurde ein kleiner Ofen im Erdgeschoss eingebaut.

Das Strohhaus gehört nun zu den ungefähr 15 bestehenden Häusern aus Stroh in Südtirol. Europaweit gibt es bereits tausende Strohhäuser mit stark steigender Tendenz. Das älteste bestehende Strohhaus in Europa steht in Frankreich, ist über 100 Jahre alt und zeugt von der Langlebigkeit dieser Bauweise! Auch preislich können Strohbauten mit herkömmlichen Bauweisen durchaus mithalten.

Natürlich erfordert es Mut, einen Baustoff zu verwenden, der (noch?) nicht üblich ist. Doch kann inzwischen auf umfassende Erfahrungswerte zurückgegriffen werden. Zukünftigen Baufrauen und Bauherren kann also getrost geraten werden, sich mit dieser interessanten Alternative vertraut zu machen.

Status

  • fertiggestellt

Projektbearbeitung

  • Arch. Michael Reichegger

Fotograf

  • Samuel Holzner